29.08.2025

Erbgang und Schenkung

 

Die Besteuerung wird bei sämtlichen Eigentumswechseln, die aufgrund des Erbrechts erfolgen, aufgeschoben. Erwirbt eine Erbin oder ein Erbe durch Zuschlag im Rahmen einer öffentlichen Steigerung nach Art. 612 ZGB ein Grundstück, so ist eine steueraufschiebende Veräusserung anzunehmen (RB 1982 Nr. 100). 

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1. Erbteilung

 

Ein Steueraufschub infolge Erbteilung ist nur bei Auflösung der Erbengemeinschaft im Sinne von Art. 602 ZGB gegeben, nicht aber bei Auflösung anderer aus der Erbengemeinschaft hervorgegangenen Gesamt- oder Miteigentumsverhältnisse wie beispielsweise durch Vertrag errichtete Gemeinderschaften (Art. 336 f. ZGB), einfachen Gesellschaften oder Kollektivgesellschaften (RB 1998 Nr. 155; RB 1986 II Nr. 74; RB 1991 Nr. 39; StE 1995 B 42.31 Nr. 5). Wird z.B. eine Liegenschaft von einem Mitglied der Gemeinderschaft übernommen oder von Dritten erworben, so ist eine steuerbegründende Veräusserung im Sinn von § 3 Ziff. 1 GGStG gegeben, sofern nicht ein anderer Steueraufschubstatbestand erfüllt ist.

Die Besteuerung wird auch bei einem Eigentumswechsel infolge Teil-Erbteilung

aufgeschoben (LGVE 1985 II Nr. 28).

Bei Eigentumswechsel durch Erbgang, Erbteilung und Erbvorbezug wird die Besteuerung nach Massgabe von § 4 Abs. 1 Ziff. 1 aufgeschoben. Liegt jedoch die letzte Veräusserung weniger als fünf Jahre zurück und handelte es sich dabei ebenfalls um eine steueraufschiebende Veräusserung, ist die Frage der Steuerumgehung zu prüfen.

Eine Steuerumgehung liegt gemäss ständiger Rechtsprechung (LGVE 1984 II Nr. 14; 1991 II Nr. 14) vor, wenn

a) die gewählte Rechtsgestaltung ungewöhnlich, sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls dem wirtschaftlichen Sachverhalt nicht gemäss ist (objektives Moment),
b) sie effektiv eine erhebliche Steuereinsparung zur Folge hätte, wenn sie steuerlich beachtet würde, (effektives Moment) und
c) lediglich deshalb gewählt wurde, um Steuern zu sparen (subjektives Moment).

 

Beispiel
X will ihrem Sohn A ein Grundstück für CHF 100'000 (Verkehrswert CHF 400'000; Anlagewert CHF 100'000) veräussern, welches sie kurz zuvor anlässlich einer Erbteilung steueraufschiebend erworben hat (Anrechnungswert: CHF 400'000). Die Miterben von X, deren Geschwister Y und Z, wurden vor der Erbteilung über die geplante Weiterveräusserung des Grundstücks an A in Kenntnis gesetzt.

An sich handelt es sich bei beiden Rechtsgeschäften um steueraufschiebende Veräusserungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Ziff. 1 (Erbteilung zwischen X, Y und Z; Erbvorbezug zwischen X und A). Da vorliegend jedoch eine Steuerumgehung bejaht werden muss, haben Y und Z für die faktische Veräusserung ihres 2/3-Anteils an ihren Neffen A den erzielten Grundstückgewinn in Höhe von CHF 200'000 (2/3 von CHF 400'000 ./.  2/3 von CHF 100'000) zu versteuern. Für den von X an ihren Sohn übertragenen 1/3-Anteil ist die Steuer gestützt auf § 4 Abs. 1 Ziff. 1 aufzuschieben. Steuerlich ist dieser Sachverhalt damit analog zu behandeln, wie wenn ein (direktes) Rechtsgeschäft zwischen allen Beteiligten abgeschlossen worden ist (VGE vom 14.5.1997 i.S. F.).

Ist der Steueraufschub für das erste Rechtsgeschäft bereits rechtskräftig festgestellt, sind Y und Z in einem Schreiben über den festgestellten Sachverhalt der Steuerumgehung und die steuerlichen Konsequenzen in Kenntnis zu setzten, unter gleichzeitiger Beilage der Selbstdeklarationsformulare. Im anschliessenden Veranlagungsentscheid ist der rechtskräftige Aufschubsentscheid aufzuheben und hierauf die Grundstücksübertragung so zu veranlagen, als ob die Grundstücke in einem Schritt von X, Y und Z an A übertragen worden wären. A ist im Veranlagungsentscheid als Beigeladener (§ 20 Abs. 1 VRG) zu bezeichnen. Der Entscheid ist ihm unter Hinweis auf das Recht, innert 30 Tagen eine Stellungnahme einzureichen, ebenfalls zuzustellen.

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2. Schenkung, gemischte Schenkung und Erbvorbezug

 

 

Schenkungen und Erbvorbezüge werden gleich behandelt.

Sowohl bei Schenkungen/Erbvorbezügen, die völlig unentgeltlich erfolgen, als auch bei Schenkungen/Erbvorbezügen, die teilweise entgeltlich erfolgen (gemischte Schenkungen mit einem Schenkungsanteil von mind. 25%), ist die Besteuerung vollumfänglich aufzuschieben (vgl. KGE vom 25.06.2025 i.S. S.M.).

Zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks und der Gegenleistung Käuferschaft muss aber ein offensichtliches Missverhältnis von mind. 25% des Verkehrswertes bestehen. Die Gegenleistung der Käuferschaft für das Grundstück darf mit anderen Worten 75% von dessen Verkehrswert nicht übersteigen (s. Beispiel unten). Für die entsprechende Berechnung stützt sich die Veranlagungsbehörde grundsätzlich auf die geltende (nichtlandwirtschaftliche) Katasterschätzung als mutmasslichen Verkehrswert. Einen allfälligen höheren Verkehrswert hat die schenkende Person nachzuweisen. Die Validierung desselben erfolgt durch die Veranlagungsbehörde.

Zur Gegenleistung der Käuferschaft gehört neben einer allfälligen Barzahlung sowie der Übernahme bestehender Hypothekarschulden insbesondere auch der Barwert eines zugunsten der Verkäuferschaft eingeräumten unentgeltlichen Wohnrechts oder einer Nutzniessung. Bei der Berechnung dieses Barwerts (vgl. § 9 N 10, Beispiel b) ist vom jährlichen Nettoertrag auszugehen, d.h. vom Mietwert (100%) bzw. Mietertrag abzüglich der von der wohnrechts- bzw. nutzniessungsberechtigten Person allenfalls getragenen Schuldzinsen und Unterhaltskosten (letztere gemäss dem bei der Einkommenssteuerveranlagung zur Anwendung gelangenden Abzugssystem; LU StB Bd. 1 Weisungen StG § 39 Nr. 2 und § 39 Nr. 3).

Eine allfällige Ausgleichspflicht im Rahmen eines Erbvorbezugs (Art. 626 ff. ZGB) gehört nicht zur Gegenleistung der Käuferschaft. Ein Erbvorbezug ist dort anzunehmen, wo die mutmassliche Erblasserin oder der mutmassliche Erblasser - im Zeitpunkt der Veräusserung in der Regel unentgeltlich - jedoch auf Anrechnung am Erbteil - zukünftigen Erbinnen und Erben einen Vermögensvorteil durch Übertragung eines Grundstücks zukommen lässt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Auflage, § 216 N 182 ff.; LGVE 2000 II Nr. 28).

 

Beispiel
X veräussert seiner Tochter eine Eigentumswohnung (mit einem Verkehrswert von CHF 1'000'000 und einem Anlagewert von CHF 300'000). Die Tochter verpflichtet sich zur Übernahme der Hypothekarschulden von CHF 800'000 sowie zu einer Zahlung von CHF 50'000 an ihren Bruder. CHF 150'000 werden ihr als Erbvorbezug angerechnet.

Da die Gegenleistungen der Erwerberin (insgesamt CHF 850'000, Hypothekarschulden CHF 800'000 plus Zahlung an Brunder CHF 50'000) 75% des Verkehrswertes der Eigentumswohnung von CHF 1'000'000, d.h. CHF 750'000, übersteigen, ist kein Steueraufschub wegen Erbvorbezugs möglich. X hat einen Grundstückgewinn von CHF 550'000 (Veräusserungswert von CHF 850'000 ./. Anlagewert von CHF 300'000) zu versteuern.

 

Gleich wäre der Beispielfall aus Sicht der Grundstückgewinnsteuer zu beurteilen, wenn X die Eigentumswohnung nicht an seine Tochter, sondern zu denselben Konditionen an seinen (nicht erbberechtigten) Freund veräussern würde. Der Schenkungsanteil würde in diesem Fall CHF 150'000 betragen (Verkehrswert CHF 1'000'000 ./. Gegenleistungen von insgesamt CHF 850'000) und der zu besteuernde Grundstückgewinn ebenfalls CHF 550'000.

 

Kein Steueraufschub ist anzunehmen, wenn das Rechtsgeschäft zwar als "Schenkung", "gemischte Schenkung" oder "Erbvorbezug" bezeichnet wird, in diesem Rechtsgeschäft aber im Wesentlichen eine gewöhnliche Veräusserung erblickt werden muss. Die von den Parteien gewählte Bezeichnung und Form des Rechtsgeschäfts ist nicht massgebend. Kein Steueraufschub ist zu gewähren, wenn der Erbvorbezug in der Ausrichtung einer Geldsumme besteht, die anschliessend für den Kauf eines Grundstücks verwendet wird (VGE vom 21.11.1988 i.S. H.).

 

Bei Schenkungen an juristische Personen, die der Gewinnsteuer unterliegen, gilt nach § 17 Abs. 3 als Veräusserungswert der Wert, zu dem das Vermögensobjekt bei den juristischen Personen aktiviert wird. Aufgrund des Austritts aus dem System der Grundstückgewinnsteuer ist in jedem Fall eine Veranlagung vorzunehmen (d.h. auch wenn die Gegenleistung der juristischen Person an die Verkäuferschaft 75% des Verkehrswerts des Grundstücks nicht übersteigt). Ein Steueraufschub ist damit ausgeschlossen.

 

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Unerheblich für die Frage des Aufschubs ist, ob die Gegenleistung der Käuferschaft den Anlagewert übersteigt. Folglich müssen die Anlagekosten nicht ermittelt werden, wenn es zu einem Steueraufschub kommt (d.h. wenn die Gegenleistung der Käuferschaft 75% des Verkehrswerts des Grundstücks nicht übersteigt).

 

Beispiel
Y überträgt ihrer Bekannten ihr Ferienhaus (Verkehrswert CHF 900'000, Anlagewert CHF 400'000). Der Vertrag wird als Kaufvertrag bezeichnet und als Entgelt wird CHF 600'000 vereinbart. Die Gegenleistung übersteigt den Anlagewert um CHF 200'000 (CHF 600'000 ./. CHF 400'000), ist aber gleichzeitig tiefer als 75% des Verkehrswerts (d.h. tiefer als CHF 675'000). Die Grundstückgewinnsteuer wird vollumfänglich aufgeschoben.

 

Resultiert bei der teilentgeltlichen Veräusserung eines Grundstücks ein Verlust, weil die Gegenleistung die Anlagekosten nicht übersteigt und liegen die Voraussetzungen einer gemischten Schenkung/Erbvorbezug nicht vor (d.h. die Gegenleistung übersteigt 75% des Verkehrswertes des Grundstücks), so erfolgt kein Steueraufschub.

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