01.01.2024

Selbständige Erwerbstätigkeit

1. Abgrenzungen

1.1 Unternehmerakkord

Einkünfte aus Unternehmerakkord gelten als selbständig erzieltes Erwerbseinkommen, wenn die Unternehmerin oder der Unternehmer das wirtschaftliche Risiko tragen muss und frei ist im Einsatz von Arbeitskräften sowie in der Arbeitsgestaltung. Ein Indiz für die Unselbständigkeit ist die Abrechnungspflicht mit der SUVA.

1.2 Hobby

Resultieren aus einer Tätigkeit während fünf Jahren keine Einkommensüberschüsse, handelt es sich in der Regel nicht um eine Nebenerwerbstätigkeit, sondern um ein aus blosser Liebhaberei betriebenes Hobby. Damit verbundene Verluste können nicht vom übrigen Einkommen abgezogen werden. Keine Erwerbstätigkeit ist namentlich anzunehmen, wenn kein ernsthaftes Bestreben nach Erzielung eines Einkommensüberschusses erkennbar ist oder dieses Streben objektiv betrachtet keinen wirtschaftlichen Erfolg haben kann. Bei einer andauernden Verlustsituation ist massgebend, ob Dritte, denen es um die Erzielung eines Erwerbseinkommens mit der entsprechenden Tätigkeit gegangen wäre, sich wegen des andauernden finanziellen Misserfolgs nach kaufmännischen Gesichtspunkten von einer Weiterführung der verlustbringenden Tätigkeit hätten abbringen lassen.

1.3 Nebenerwerb

Nebenerwerbe von Steuerpflichtigen sind genau zu bezeichnen. Es ist abzuklären, ob das Nebenerwerbseinkommen aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit stammt, damit die entsprechende Beitragsmeldung an die AHV-Ausgleichskasse richtig vorgenommen werden kann. Im Zweifelsfall ist zu ermitteln, ob vom erzielten Einkommen AHV-Arbeitnehmerbeiträge bezahlt werden mussten.

Die Veranlagung von Nebenerwerbseinkommen aus selbständiger Tätigkeit fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Veranlagungsabteilung für Selbständigerwerbende.

1.4 Eigenleistungen

Führen selbständige Baufachleute an eigenen Grundstücken Berufsarbeiten aus, wird ein realisierbarer Sachwert geschaffen. Ob die Arbeiten in der Freizeit und nach Feierabend verrichtet werden, ist unerheblich. Der durch die Eigenarbeit geschaffene Mehrwert an Vermögenswerten, die zum Eigengebrauch oder als Kapitalanlage bestimmt sind, stellt Einkommen des Jahres dar, in welchem der Mehrwert geschaffen wurde. Ist der Vermögenswert jedoch zum Verkauf bestimmt, wird das steuerbare Einkommen erst im Zeitpunkt der Veräusserung erzielt (VGE vom 31.5.1999 i.S. M.; RE 1969/70 Nr. 16; ASA 47, 418). Der Mehrwert entspricht dem Betrag, der bei der Ausführung der Arbeiten durch fremde Arbeitskräfte hätte ausgelegt werden müssen.

Für die Behandlung von Eigenleistungen bei der Grundstückgewinnsteuer vgl. LU StB Bd. 3 Weisungen GGStG § 13 N 26.

2. Liegenschaftshandel

2.1 Allgemeines

Liegenschaftsgewinne aus gewerbsmässigem Grundstückhandel unterliegen der Einkommenssteuer.

2.2 Kriterien des Liegenschaftshandels

Gemäss Rechtssprechung ist alles, was über die schlichte Verwaltung des Privatvermögens hinausgeht, eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit (BGE 125 II 113). Liegenschaftshandel liegt u.a. vor, wenn er

  • hauptberuflich als eine buchführungspflichtige Unternehmenstätigkeit ausgeübt wird,
  • nebenberuflich planmässig und systematisch betrieben wird, um damit, ähnlich dem professionellen Liegenschaftshandel, Gewinne zu erzielen,
  • nebenberuflich in einem engen Zusammenhang mit der hauptberuflichen Tätigkeit der Steuerpflichtigen betrieben wird, wie z.B. bei Fachleuten des Bauhaupt- oder Baunebengewerbes usw.

Auch das einmalige oder gelegentliche Ausüben von Geschäften mit Liegenschaften kann eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit bedeuten, sofern sich die Personen bemühen, in der Art und Weise von nebenberuflich Selbständigerwerbenden die Entwicklung des Liegenschaftenmarktes zur Gewinnerzielung auszunützen. Gewerbsmässigkeit ist in der Regel zu bejahen, wenn eine Privatperson Land erwirbt, dieses erschliesst und parzelliert und die Parzellen anschliessend veräussert (BGE vom 31.03.1992 i.S. B.). Bei Überbauung eines Grundstückes, Aufteilung in Stockwerkeinheiten und anschliessendem Verkauf einzelner Wohnungen ist regelmässig Liegenschaftshandel anzunehmen (BGE 104 Ib 164; VGE vom 30.5.2000 i.S. E; VGE vom 20.4.1998 i.S. M.; VGE vom 16.5.1997 i.S. H, bestätigt durch BGE vom 10.6.1999 i.S. H.).  Bei der planmässigen Überbauung und Aufteilung in Stockwerkeigentum ist in der Regel ebenfalls auf Verkaufsabsicht zu schliessen und Erwerbstätigkeit anzunehmen.

Rechtsprechung und Praxis haben verschiedene Kriterien und Indizien entwickelt, die - unter Einbezug der Einzelumstände - auf eine gewerbsmässig ausgeübte Liegenschaftshandelstätigkeit (Erwerbseinkommen) schliessen lassen:

Kriterien  Indizien
Betreiben eines Unternehmens 
  • Merkmale der Unternehmenstätigkeit
  • Grossprojekte, die auf eine kaufmännische Unternehmung schliessen lassen
  • Verwaltung, Vermietung und Renovation einer grösseren Anzahl eigener Liegenschaften 
Planmässiges, professionelles Vorgehen, Gewinnerzielungsabsicht durch Verkauf an Drittpersonen 
  • Häufigkeit und Anzahl der Transaktionen
  • kurze Besitzesdauer
  • keine Eigennutzung
  • Spekulationsabsicht 

Zusammenhang mit der eigenen Berufstätigkeit
(BGE 93 I 288; BGE 92 I 133; VGE vom 02.08.1995 i.S. G.)

  • Nutzung von speziellem Fachwissen
  • Nutzung für geschäftliche Zwecke (Arbeits- bzw. Umsatzbeschaffung)
  • Erstellung durch Eigenleistungen im Rahmen der Unternehmenstätigkeit
Gesellschaftsbildung in Erwerbsabsicht Zusammenschluss mit Fachleuten in Form einer einfachen Gesellschaft, Personenunternehmung usw. (vgl. Ziff. 2.3) 
Unternehmerische Initiative und Unternehmerrisiko
  • hoher Fremdkapitaleinsatz (BGE 96 I 670)
  • Reinvestition des Gewinnes in neue Projekte (VGE vom 30.5.2000 i.S. E.)
  • Werbung/Dokumentation der Verkaufsabsicht
  • werterhöhende Massnahmen durch Erschliessung, Parzellierung (BGE vom 31.03.1992 i.S. B.; VGE vom 16.05.1997 i.S. H., bestätigt durch BGE vom 10.6.1999 i.S. H.)
  • Aufteilung in Stockwerkeigentum 

Diese Voraussetzungen müssen nicht kumulativ erfüllt sein; es genügt, wenn eine davon gegeben ist (BGE vom 26.9.1997 E., Erw 2c, StR 1998, 83 ff.). Entscheidend ist, dass sich Steuerpflichtige haupt- oder nebenberuflich bemüht haben, in der Art und Weise Selbständigerwerbender die Entwicklung des Liegenschaftsmarktes zur Gewinnerzielung auszunützen. Ob in einem gegebenen Fall der Verkauf von Liegenschaften der Einkommenssteuer unterliegt oder nicht, ist nach den gesamten Umständen zu beurteilen (BGE vom 08.01.1999 i.S. S.; BGE 104 Ib 167 Erw. 1b mit Hinweisen; VGE vom 16.05.1997 i.S. H.)

2.3 Beteiligung an einer einfachen Gesellschaft

Beteiligen sich Steuerpflichtige zur Abwicklung eines Liegenschaftsgeschäftes an einer einfachen Gesellschaft, die nach Art und Umfang dem Vorgehen bei Liegenschaftshandel gleichgestellt werden kann, stellt der Anteil am Gewinn der Gesellschaft steuerpflichtiges Erwerbseinkommen dar. Sie brauchen dabei nicht persönlich tätig zu werden. Allein die Beteiligung an der einfachen Gesellschaft genügt (BGE 96 I 657; VGE vom 15.12.1993 i.S. S.; LGVE 1991 II Nr. 10; LGVE 1974 II Nr. 25).

2.4 Ererbte Liegenschaften

Erwerbstätigkeit ist ferner zu bejahen, wenn Steuerpflichtige eine ererbte Liegenschaft, die bis anhin landwirtschaftlich genutzt worden ist, überbauen und Wohnungen einzeln verkaufen, denn die Errichtung eines Mehrfamilienhauses zum Verkauf von Stockwerkeigentum gehört nicht mehr zur blossen Vermögensverwaltung (BGE 104 Ib 164 bzw. ASA 49, 122). Dies gilt sogar dann, wenn ursprünglich keine Verkaufsabsicht bestand und die Erbinnen und Erben aus nicht von ihnen zu vertretenden Gründen zum Verkauf gezwungen wurden (StE 1988 B 23.1 Nr. 15). Dagegen erzielen die Erbinnen und Erben, die ein durch Erbgang erworbenes Privatgrundstück erschliessen, parzellieren, (jedoch nicht überbauen) und anschliessend an Dritte veräussern, in der Regel kein Erwerbseinkommen.

War aber der Erblasser oder die Erblasserin im Liegenschaftshandel tätig und gehen die Liegenschaften auf die Erbinnen und Erben über, erzielen diese beim Verkauf Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, ohne dass sie neue Liegenschaften erwerben (RE 1967/68 Nr. 14). Werden durch die Erbinnen und Erben Privatgrundstücke übernommen, die sie anschliessend dem Liegenschaftshandel dienlich machen, ist der Zeitpunkt der Überführung vom Privat- in das Geschäftsvermögen festzulegen und gestützt auf § 3 Ziff. 6 GGStG die Grundstückgewinnsteuer zu erheben. Nach diesem Zeitpunkt erzielte Gewinne unterliegen der Einkommenssteuer. Für Erbvorbezug und Schenkung von Grundstücken des Liegenschaftshandels vgl. LU StB Bd. 2 Weisungen StG § 25 Nr. 3 Ziff. 3.

2.5 Land- und forstwirtschaftliche Grundstücke

Vgl. LU StB Bd. 3 Weisungen GGStG § 1 N 16 ff. und LU StB Bd. 2 Weisungen StG § 25 Nr. 3 Ziff. 6.

2.6 Ausserkantonale Liegenschaftshändlerinnen und -händler

Nach § 1 Abs. 1 Ziff. 2 GGStG (in Kraft bis 31.12.2010) unterlagen Gewinne aus dem Handel mit Grundstücken, wenn im Kanton lediglich eine Steuerpflicht aus Grundeigentum bestand, der Grundstückgewinnsteuer. Dies gilt grundsätzlich für die Differenz zwischen dem Anlage- und dem Veräusserungswert (vgl. LU StB Bd. 3 Weisungen GGStG § 1 N 21 f.). Eine allfällige Differenz zwischen dem Einkommenssteuerwert und dem Anlagewert (wiedereingebrachte Abschreibungen) unterlag dagegen der Einkommens- oder Gewinnsteuer.

Die ab 2011 realisierten Gewinne ausserkantonaler Liegenschaftshändlerinnen und -händler unterliegen der Einkommenssteuer. Für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke vgl. LU StB Bd. 3 Weisungen GGStG § 1 N 16 ff.

2.7 Zeitpunkt der Erfassung

Gewinne aus Liegenschaftsveräusserungen gelangen in dem Jahr zur Besteuerung, in dem der Kaufvertragsabschluss erfolgte, sofern die Vertragserfüllung in diesem Zeitpunkt nicht als unsicher erscheint (VGE vom 1.9.2008 i.S. A.). Für eine Besteuerung von Liegenschaftsgewinnen nach einer Methode der Gesamtabrechnung bleibt kein Raum (VGE vom 13.10.1997 i.S. B.), d.h. die einzelnen Verkaufsgewinne müssen gemäss ihrem Anfall periodengerecht erfasst werden.

2.8 Gewinnungskostenüberschüsse in andern Kantonen

Vgl. KS SSK Nr. 27 vom 15. März 2007 betreffend "Die Vermeidung von Ausscheidungsverlusten"

2.9 AHV-Rückstellung auf Gewinnen aus Liegenschaftsverkäufen

Bei Gewinnen aus Grundstückverkäufen ist eine Rückstellung von 10% für die darauf entfallenden AHV-Beiträge abzuziehen. Diese Rückstellung ist sowohl im Einkommen wie im Vermögen zu berücksichtigen. Dem Liegenschaftsort ist nur der Netto-Gewinn (nach Abzug der AHV-Rückstellung) zuzuweisen.

2.10 Verwaltungskostenanteil vom Verkaufserlös

Bei einem Verkaufsgewinn aus einem in einem andern Kanton gelegenen Grundstück, hat dieser andere Kanton die mit dem Verkauf verbundenen Verwaltungskosten zu übernehmen. Diese werden in der Regel mit 5% des Verkaufserlöses festgesetzt.

3. Gewerbsmässiger Wertschriftenhandel

Die Beurteilung des gewerbsmässigen Wertschriftenhandels richtet sich nach den Grundsätzen des KS ESTV Nr. 36 vom 27. Juli 2012 (siehe estv.admin.ch > Kreisschreiben).

4. Kryptowährungen

Vereinnahmt jemand als Selbständigerwerbende bzw. Selbständigerwerbender Bitcoins oder andere Kryptowährungen als Entgelt für erbrachte Lieferungen oder Dienstleistungen, handelt es sich um Einkommen aus selbständigem Haupt- oder Nebenerwerb. Als Ertrag ist der Wert zum Zeitpunkt des Zuflusses umgerechnet in Schweizer Franken zu erfassen.

Beim Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit sind Veräusserungsgewinne sowie Einkünfte aus Schürfen (Mining) oder im Falle eines gewerbsmässigen Handels mit Kryptowährungen steuerbar. Verluste können steuerrechtlich abgezogen werden. Für die Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung wird die Praxis zum gewerbsmässigen Wertschriftenhandel (Kreisschreiben Nr. 36 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 27. Juli 2012) sinngemäss angewendet.

Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen sind hingegen grundsätzlich steuerfrei (§ 31 Abs. 1i StG resp. Art. 16 Abs. 3 DBG). Demnach unterliegen Gewinne aus der Veräusserung von Kryptowährungen nicht der Einkommenssteuer. Umgekehrt können Veräusserungsverluste steuerlich nicht zum Abzug gebracht werden.