1. Gesetzliche Grundlagen
Gemäss § 70 Abs. 1h StG sind juristische Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, für den Gewinn und das Kapital, die ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken gewidmet sind, von der Steuerpflicht befreit; unternehmerische Zwecke sind grundsätzlich nicht gemeinnützig; der Erwerb und die Verwaltung von wesentlichen Kapitalbeteiligungen an Unternehmen gelten als gemeinnützig, wenn das Interesse an der Unternehmenserhaltung dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet ist und keine geschäftsleitende Tätigkeiten ausgeübt werden. Juristische Personen, die kantonal oder gesamtschweizerisch Kultuszwecke verfolgen sind gemäss § 70 Abs. 1i StG ebenfalls von der Steuerpflicht befreit.
Die erwähnten kantonalen Gesetzesgrundlagen stimmen mit denjenigen der direkten Bundessteuer überein (Art. 56 lit. g und h DBG). Die im KS EStV 1995/96 Nr. 12 vom 8. Juli 1994 aufgestellten Voraussetzungen zur Gewährung der Steuerbefreiung gelten sinngemäss auch für das kantonale Recht. Diese können wie folgt zusammengefasst werden:
2. Allgemeine Voraussetzungen
Um die Steuerbefreiung zu erhalten, müssen bei allen Zwecksetzungen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:
- Juristische Personen
Eine Steuerbefreiung wird vor allem bei Stiftungen und Vereinen in Frage kommen. Kapitalgesellschaften und Genossenschaften haben statutarisch auf die Ausschüttung von Dividenden und Tantiemen zu verzichten.
- Ausschliesslichkeit der Mittelverwertung
Die Aktivitäten müssen ausschliesslich auf die öffentliche Aufgabe, auf das (gemeinnützige) Wohl Dritter oder den Kultuszweck ausgerichtet sein (keine Erwerbszwecke). Andernfalls kommt keine oder unter Umständen nur eine teilweise Steuerbefreiung in Frage.
- Unwiderruflichkeit der Zweckbindung
Das Vermögenssubstrat muss unwiderruflich steuerbefreiten Zwecken gewidmet sein. Bei einer allfälligen Auflösung der Institution hat das Vermögen an eine andere steuerbefreite Körperschaft zu fallen. Das ist statutarisch festzuhalten.
- Tatsächliche Tätigkeit
Die blosse statutarische Proklamation einer steuerbefreiten Tätigkeit genügt nicht. Die vorgegebene Zwecksetzung ist auch tatsächlich zu verwirklichen (§ 21 StV). Die blosse Kapitalansammlung geniesst keine Steuerfreiheit. Die steuerbefreite Tätigkeit muss innert nützlicher Frist aufgenommen werden. Es genügt deshalb beispielsweise nicht, Kapital zinsbringend anzulegen. Sollen Opfer gebracht werden können, bedarf es einer genügenden Dotierung. Nur in der Anlaufphase einer neu gegründeten Organisation kann ein bloss symbolisches Kapital einstweilen als genügend betrachtet werden, doch muss von Anfang an eine genügende Dotierung mit hinreichender Sicherheit feststehen.
- Separate Spartenrechnung
Ist eine juristische Person nur teilweise wegen Verfolgung öffentlicher oder gemeinnütziger Zwecke steuerbefreit oder verfolgt sie neben öffentlichen bzw. gemeinnützigen Zwecken noch Kultuszwecke, bedingt dies, dass für diese Bereiche separate Spartenrechnungen geführt werden (vgl. sinngemäss LU StB Bd. 2 Weisungen StG § 70 Nr. 1 Ziff. 1).
3. Öffentliche Zweckverfolgung
Merkmale der öffentliche Zweckverfolgung sind insbesondere:
- Erfüllung einer Aufgabe, die in den Aufgabenkreis eines Gemeinwesens fallen
- Ein Opferbringen ist grundsätzlich nicht erforderlich
- Körperschaften (privatrechtliche oder gemischtwirtschaftliche juristische Personen), welche in erster Linie Erwerbs- oder Selbsthilfezwecke verfolgen, kann die Steuerbefreiung nicht gewährt werden, auch wenn sie zugleich öffentlichen Zwecken dienen.
4. Gemeinnützige Zweckverfolgung
Merkmale der gemeinnützigen Zweckverfolgung sind insbesondere (LGVE 2000 II Nr. 26):
- Allgemeininteresse
Folgende Tätigkeiten dienen dem Interesse der Allgemeinheit (Gemeinwohl):
- karitative und humanitäre (z.B. Entwicklungshilfe)
- gesundheitsfördernde (z.B. Spitexdienstleistungen)
- fürsorgliche (z.B. soziale Fürsorge)
- ökologische (z.B. Heimat-, Natur- und Tierschutz)
- erzieherische (z.B. Unterrichts- und Ausbildungswesen)
- wissenschaftliche (z.B. Grundlagenforschung)
- kulturelle (z.B. Kunstförderung)
- Offener Destinatärkreis
Ein allzu enger Kreis der Destinatärinnen und Destinatäre, denen die Förderung bzw. Unterstützung zukommen soll (z.B. Mitglieder eines Vereins oder Angehörigen eines bestimmten Berufes) schliesst eine Steuerbefreiung aus.
- Uneigennützigkeit
Das altruistische Handeln, d.h. die Opferleistung durch uneigennütziges Handeln oder durch Zurverfügungstellung von Geldmitteln muss gegeben sein und es dürfen keine eigenen Interessen verfolgt werden. Diese uneigennützige Zwecksetzung fehlt den Selbsthilfeeinrichtungen und Vereinigungen zur Pflege von Freizeitaktivitäten (z.B. bei Sport- und Musikvereinen etc.)
- Fehlen von Erwerbszwecken
Die juristische Person darf nicht in wirtschaftlichem Wettbewerb mit Dritten stehen. Sie muss sich wettbewerbsneutral verhalten und darf keine auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit entfalten. Eine untergeordnete Erwerbstätigkeit wird zugelassen, wenn diese ein Mittel zum Zweck darstellt (z.B. Bildungsstätten mit Lehrwerkstatt und Landwirtschaftsbetrieb).
5. Kultuszweck
Unter den Kultuszweck fallen die Pflege und Förderung eines gemeinsamen Glaubensbekenntnisses in Lehre und Gottesdienst. Juristische Personen, die nicht Kultuszwecke, sondern bestimmte wirtschaftliche, weltanschauliche, philosophische oder ideelle Aufgaben auf religiöser Grundlage erfüllen, geniessen keine Steuerfreiheit.
6. Gesuch um Steuerbefreiung / Verfahren
Die juristische Person, die eine Steuerbefreiung beansprucht, hat ein entsprechendes Gesuch online unter Beilage der Statuten, der letzten beiden Jahresrechnungen und Geschäftsberichte sowie weiterer zweckdienlicher Unterlagen bei der Dienststelle Steuern des Kantons Luzern, Abteilung Juristische Personen, einzureichen (Online-Formular; steuern.lu.ch > Juristische Personen > Steuerbefreiung). Bei juristischen Personen in Gründung wird, um den administrativen Aufwand für alle Betroffenen möglichst gering zu halten, empfohlen, die Entwürfe der Statuten und weitere Unterlagen vor Gründung der Dienststelle Steuern des Kantons Luzern, Abteilung Juristische Personen, zur Vorprüfung einzureichen. Es ist Sache der juristischen Person, die sich auf die Steuerbefreiung beruft, darzulegen, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gegeben sind (BGE 92 I 253 ff.).
Beim Verfahren betreffend Prüfung der Voraussetzungen der Steuerbefreiung handelt es sich um ein dem ordentlichen Veranlagungsverfahren vorgelagertes selbständiges Feststellungsverfahren. In diesem Verfahren sind die Verfahrensvorschriften des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG) massgebend. Die juristische Person muss im Rahmen dieses Verfahrens mitwirken, d.h. insbesondere die von der Steuerbehörde verlangten Unterlagen einreichen. Eine Busse wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten kann gestützt auf § 51 Abs. 1d VRG ausgefällt werden. Das Feststellungsverfahren wird mit einem Entscheid abgeschlossen (Feststellung der (Nicht-) Steuerbefreiung für die betreffende Steuerperiode oder Nichteintretensentscheid bei ungenügender Mitwirkung im Verfahren). Der Feststellungsentscheid kann mittels Einsprache bei der Veranlagungsbehörde angefochten werden. Die Veranlagungsbehörde kann die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für jede Steuerperiode erneut prüfen. Praxisgemäss wird zu diesem Zweck für jede Steuerperiode die entsprechende Jahresrechnung (Bilanz und Erfolgsrechnung) der juristischen Person einverlangt. Die Steuererklärung muss im Feststellungsverfahren nicht ausgefüllt werden (KGE vom 28.10.2018 i.S. H.).