01.01.2024

Rückstellungen von Wasserversorgungsträgern

1. Vorbemerkung

Im Wassernutzungs- und Wasserversorgungsgesetz (SRL Nr. 770; WNVG) wird festgehalten, dass die Wasserversorgung finanziell selbsttragend zu betreiben ist (§ 38 Abs. 1 WNVG). Dies bedingt eine konkrete Planung des langfristigen Finanzbedarfs. In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage nach der steuerrechtlichen Zulässigkeit von Rückstellungen und Rücklagen für zukünftige Unterhalts- und Erneuerungsmassnahmen.

2. Grundsätzliches zur Steuerpflicht

Die Wasserversorgung wird im Kanton Luzern von unterschiedlichen Trägerschaften sichergestellt. Vielfach sind es Einwohner- oder Korporationsgemeinden sowie Wasserversorgungsgenossenschaften, welche diese Aufgabe erfüllen. Ausnahmsweise wird diese Versorgungsaufgabe auch über Aktiengesellschaften sichergestellt.

Die Wasserversorgungen von Einwohnergemeinden sind gemäss § 70 Abs. 1c StG und Art. 56 lit. c DBG von der ordentlichen Steuerpflicht befreit. Demgegenüber gelten die Wasserversorgungen von Korporationsgemeinden, Genossenschaften und Aktiengesellschaften als ordentlich steuerpflichtig. So liegt beispielsweise der Hauptzweck einer Korporation nicht in der öffentlichen Aufgabenerfüllung, sondern in der Verwaltung des eigenen Vermögens (VGE vom 21.8.2000 i.S. Korporation S.). Ebenso verfolgen Wasserversorgungsgenossenschaften oder -Aktiengesellschaften überwiegend Erwerbs- und/oder Selbsthilfezwecke, womit sich eine Steuerbefreiung nicht rechtfertigen lässt (M. Greter / D. Greter in: Zweifel / Beusch (Hrsg.) Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, I/1 3. Auflage,  Art. 23 StHG N 33 f. sowie VGE vom 29.3.2006 i.S. Strassengenossenschaft N.).

3. Bildung von Rückstellungen

3.1 Allgemeines

Während mit den einmaligen Anschlussgebühren die früher getätigten sowie die laufenden und zukünftigen Investitionen zu finanzieren sind, werden die Betriebsgebühren primär für die Finanzierung der laufenden Unterhaltskosten verwendet. Sowohl Anschluss- als auch Betriebsgebühren sind grundsätzlich erfolgswirksam zu verbuchen. In Bezug auf die Anschlussgebühren können dabei unter Umständen verfälschte betriebswirtschaftliche Ergebnisse resultieren. Dies ist dann der Fall, wenn die vorzunehmenden Neuinvestitionen und die entsprechenden Abschreibungen erst in späteren Rechnungsperioden anfallen und somit den vereinnahmten Anschlussgebühren noch keine diesbezüglichen Aufwendungen gegenüber stehen.

Im Bereich der Betriebsgebühren ist demgegenüber die zeitliche Kongruenz von Aufwand und Ertrag in der Regel gegeben. Ein zeitliches Auseinanderklaffen kann sich aber dann ergeben, wenn grössere Unterhaltsmassnahmen in aperiodischen Zeiträumen vorgenommen werden. In diesem Zusammenhang empfehlen die Aufsichtsbehörden den Wasserversorgungsträgern, allfällige Rechnungsüberschüsse aus dem Wasserversorgungsbereich (resultierend aus Anschluss- und Betriebsgebühren) für Rücklagen zur Finanzierung künftiger Investitionen (Erneuerung der Anlagen) oder zum Abbau allfälliger Vorjahresdefizite aus der Wasserrechnung zu verwenden.

Somit lässt sich unter gewissen Bedingungen eine extensivere Auslegung des Rückstellungsbegriffs rechtfertigen. Hinzu kommt, dass sich die Korporationsgemeinden bezüglich Finanzhaushalt nach den besonderen Vorschriften gemäss Gesetz über die Korporationen (SRL Nr. 170) zu richten haben.

Aufgrund dieser Besonderheiten werden für den eigentlichen Wasserversorgungsbereich die folgenden Rückstellungen zugelassen, wobei in der Beurteilung die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des jeweiligen Wasserversorgungsträgers ein wesentliches Kriterium darstellt.

3.2 Korporationsgemeinden

Die Korporationsgemeinden sind von Gesetzes wegen verpflichtet (§ 38 Abs. 1 WNVG in Verbindung mit den Bestimmungen des Handbuchs Rechnungswesen für Luzerner Korporationen), allfällige Ertragsüberschüsse aus dem Wasserversorgungsbereich in Form einer Spezialfinanzierung zu passivieren (Aufwandüberschüsse sind zu aktivieren). Diese Spezialfinanzierung ist im zeitlichen Rahmen der öffentlichrechtlichen Finanzplanung für Aufwandüberschüsse zu verwenden oder letztlich für Tarifreduktionen einzusetzen. Gestützt auf diese gesetzlichen Bestimmungen werden die entsprechenden Einlagen bzw. Passivierungen auch steuerrechtlich als erfolgswirksamer Geschäftsaufwand zugelassen.

Bei der passivierten Spezialfinanzierung handelt es sich grundsätzlich um zweckgebundenes Eigenkapital (bei Aufwandüberschüssen um eine Wertberichtigung zum ausgewiesenen Eigenkapital). Bei einer Überfinanzierung verfügen die gebührenpflichtigen Wasserbeziehenden über keinen durchsetzbaren und stichtagsbezogenen Rückforderungsanspruch, womit es sich bei dieser Spezialfinanzierung nicht um eine Rückstellung, sondern um eine Rücklage handelt. Daher ist diese Spezialfinanzierung bei der Berechnung des steuerbaren Eigenkapitals einzubeziehen.

3.3 Körperschaften mit eingeschränkter wirtschaftlicher Handlungsfreiheit

Sofern der Wasserversorgungsträger (Genossenschaft oder Kapitalgesellschaft) die folgenden Bedingungen vollumfänglich erfüllt und sich den entsprechenden Auflagen unterzieht, kann dieselbe Praxis angewandt werden, wie sie für Korporationsgemeinden gemäss Ziffer 3.2 gilt:

  • Die Übertragung der Wasserversorgungsaufgabe ist vom Gemeinderat durch ein Reglement, einen Entscheid oder einen Vertrag vorgenommen worden (§ 40 Abs. 1 WNVG);
  • Der Geschäftszweck hat sich auf den Kernbereich der Wasserversorgung zu beschränken (keine weitergehenden Tätigkeiten; Liegenschaften müssen betriebsnotwendig sein);
  • Bei der Tarifgestaltung ist das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip zu beachten (keine übermässige Reservenbildung und keine Gewinnausschüttungen);
  • Das Grundkapital (Anteilschein- oder Aktienkapital) darf höchstens im Rahmen des langfristigen Bundesobligationensatzes verzinst werden;
  • Bei Auflösung bzw. Liquidation der Körperschaft ist eine allenfalls noch vorhandene Spezialfinanzierung steuerwirksam abzurechnen.

3.4 Körperschaften mit uneingeschränkter wirtschaftlicher Handlungsfreiheit

Sofern sich der Wasserversorgungsträger (Genossenschaft oder Kapitalgesellschaft) wirtschaftlich uneingeschränkt entfalten kann bzw. die unter Ziffer 3.3 erwähnten Voraussetzungen nicht erfüllt werden, wird lediglich in Bezug auf die Anschlussgebühren eine pauschalierte Rückstellung zugestanden, indem die Anschlussgebühren auf 10 Jahresraten aufgeteilt werden können. Somit wird im jeweiligen Jahr, in welchem Anschlussgebühren vereinnahmt worden sind, 1/10 der entsprechenden Gesamtsumme erfolgswirksam ausgewiesen. Für die restlichen 9/10 wird eine Rückstellung zugestanden, welche innerhalb der folgenden 9 Jahre zu je 1/10 regelmässig aufzulösen ist. Damit werden die Anschlussgebühren über einen maximalen Zeitraum von 10 Jahren den entsprechenden Investitionsabschreibungen in pauschalierter Form zugerechnet.

Beispiel

Position  Buchung CHF Raten
Rechnungsjahr 2005      
Anschlussgebühren 2005  Geld / Ertrag
 600'000  
Rückstellungsbildung  Aufwand / Rückstellung (Bilanz)  540'000 (9/10)
Rechnungsjahr 2006      
Anschlussgebühren 2006
Geld / Ertrag  500'000  
Rückstellungsbildung  Aufwand / Rückstellung (Bilanz)  450'000 (9/10)
Rückstellungsauflösung aus 2005  Rückstellung (Bilanz) / Ertrag  60'000 (1/10)
Rechnungsjahr 2007      
Anschlussgebühren 2007  Geld / Ertrag  200'000  
Rückstellungsbildung  Aufwand / Rückstellung (Bilanz)  180'000  (9/10)
Rückstellungsauflösung aus 2005  Rückstellung (Bilanz) / Ertrag 60'000 (1/10)
Rückstellungsauflösung aus 2006  Rückstellung (Bilanz) / Ertrag  50'000 (1/10)
Rechnungsjahr 2008      
Anschlussgebühren 2008  keine     
Rückstellungsauflösung aus 2005  Rückstellung (Bilanz) / Ertrag  60'000 (1/10)
Rückstellungsauflösung aus 2006  Rückstellung (Bilanz) / Ertrag  50'000 (1/10)
Rückstellungsauflösung aus 2007  Rückstellung (Bilanz) / Ertrag  20'000 (1/10)

Im vorliegenden Beispiel wird somit die Rückstellung aus dem Jahre 2005 spätestens im Jahre 2014 vollständig aufgelöst sein.

Diese Rückstellungen werden auch steuerrechtlich als Fremdkapital anerkannt.

Demgegenüber können im Zusammenhang mit den Betriebsgebühren keine Pauschalrückstellungen gewährt werden, weil davon auszugehen ist, dass diese Gebühren die laufenden Unterhaltskosten decken, welche in derselben Rechnungsperiode angefallen sind. Werden dennoch allgemeine Unterhaltsrückstellungen geltend gemacht, ist der jeweilige Unterhaltsbedarf im Einzelfall konkret nachzuweisen.

4. Abschreibungen

Auf die jeweiligen Restbuchwerte können die folgenden jährlichen Abschreibungssätze angewandt werden:

Position  Abschreibungssatz
Steuerungen und elektrische Anlagen (einzeln bilanziert)   40%
Leitungen und Pumpen (einzeln bilanziert)  20%
Reservoir (einzeln bilanziert)   8%
Reservoir und Leitungen (zusammen bilanziert)  15%
Pumpen und Steuerungen (zusammen bilanziert)  30%

Für lineare Abschreibungen auf dem Anschaffungswert sind die obigen Sätze um die Hälfte zu reduzieren. Im übrigen kann auf  LU StB Bd. 2 Weisungen StG §§ 35/76 Nr. 1 verwiesen werden.

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