01.07.2024

Minimalsteuer nach § 95 Abs. 1 und 2

1. Allgemeines

Die Kapitalgesellschaften und die Genossenschaften entrichten nach § 95 Abs. 1 StG anstelle der ordentlichen Steuern eine Minimalsteuer von ein Promille des Steuerwerts der im Kanton Luzern gelegenen Grundstücke, wenn der Minimalsteuerbetrag die nach den §§ 72 - 93 ergebenden Steuern übersteigt. Massgebend ist der Steuerwert am Ende der Steuerperiode. Die auf dieser Basis berechnete Steuer ist für die gesamte Steuerperiode geschuldet. Der Betrag wird bei einer unter- oder überjährigen Steuerperioden zeitlich umgerechnet. Es handelt sich um eine feste Steuer, die nicht mit den Staats- und Gemeindesteuereinheiten zu multiplizieren ist.

2. Ausnahmen von der Minimalsteuer

2.1 Wohn- und Eigentumsförderung

Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, welche die Voraussetzungen für die Bundeshilfe gemäss Art. 51 und 52 des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz (SR 843) erfüllen, sind von der Minimalsteuer befreit und entrichten die ordentliche Gewinn- und Kapitalsteuer. Verlangt wird somit keine Gemeinnützigkeit im Sinne von § 70 Abs. 1h StG - in diesem Fall würde die Erhebung von direkten Steuern generell entfallen - sondern dass gewisse Mindestanforderungen erfüllt sind. Diese Voraussetzungen werden in Art. 55 und 56 der Verordnung zum Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz (SR 843.1) mit Hinweis auf Art. 6 Abs. 1a des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (SR 641.10) wie folgt konkretisiert:

  • Die juristische Person hat sich demnach der Beschaffung von preisgünstigen und nach ihrer Beschaffenheit den Wohnbedürfnissen Rechnung tragenden Wohnungen zu widmen.
  • Die juristische Person darf nicht gewinnstrebig sein.
  • Die Dividende ist statutarisch auf höchstens 6% des einbezahlten Gesellschafts- oder Genossenschaftskapital zu beschränken.
  • Die Ausrichtung von Tantiemen ist statutarisch ausgeschlossen.
  • Statutarisch muss vorgesehen sein, dass bei einer Auflösung der juristischen Person der nach Rückzahlung des einbezahlten Grundkapitals verbleibende Teil des Vermögens einer Institution des gemeinnützigen Wohnungsbaus zuzuwenden ist.

Die tatsächliche Beanspruchung der vorgesehenen Subventionen (Grund-/Zusatzverbilligungen) ist hingegen nicht erforderlich.

2.2 Geschäftsbetrieb

Die Grundstücke von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften sind gemäss § 95 Abs. 2b StG von der Minimalsteuer ausgenommen, wenn auf ihnen zur Hauptsache ein Geschäftsbetrieb der Eigentümerin oder einer diese beherrrschenden Person abgewickelt wird. Wird der Betrieb durch die beherrschende Person geführt, so muss diese zudem mindestens einen Viertel des Steuerwertes des Grundstücks selber als Kapital eingelegt haben.

Damit die Ausnahmeregelung erfüllt wird, muss der Betrieb einerseits ein nach kaufmännischer Art geführtes Unternehmen sein und andererseits das Grundstück zu mindestens zwei Drittel betrieblich genutzt werden. Als Referenzwert wird in der Regel auf den Mietwert gemäss aktueller, offizieller Schatzungsanzeige abgestützt. Übrige Kapitalanlageliegenschaften, welche nicht unmittelbar dem Geschäftsbetrieb dienen, unterliegen mit ihrem vollen Steuerwert der Minimalsteuer.

So qualifizieren Grundstücke, die nur mittelbar dem Betrieb dienen, wie Kapitalanlageliegenschaften oder Grundstücke einer Handelstätigkeit, nicht als Liegenschaften, in welchen zur Hauptsache der Geschäftsbetrieb abgewickelt wird. Solche Grundstücke unterliegen der Minimalsteuer.

Die Mindesteinlage von einem Viertel des Steuerwertes gemäss § 95 Abs. 2b StG ist nur dann Voraussetzung für die Befreiung von der Minimalsteuer, wenn nicht die Liegenschaftseigentümerin einen Geschäftsbetrieb auf dem Grundstück führt, sondern der Betrieb von der beherrschenden Person geführt wird. Wenn die juristische Person, welche zugleich auch Eigentümerin der Liegenschaften ist, hauptsächlich einen Geschäftsbetrieb auf diesem Grundstück führt, ist sie unabhängig von der Finanzierung von der Minimalsteuer ausgenommen. Unter der Mindestkapitaleinlage ist das im Handelsregister eingetragene Grund‐ oder Stammkapital sowie die steuerpflichtigen Reserven zu verstehen. Ein allfällig vorhandenes «verdecktes Eigenkapital» wird für die Berechnung nicht berücksichtigt. Genauso werden auch die stillen Reserven ausgeklammert. 

2.3 Konkurs

Für die Steuerperiode, in welcher der Konkurs eröffnet wird, und für die bis zum Abschluss der Liquidation folgenden Steuerperioden kann keine Minimalsteuer erhoben werden (LGVE 2004 II Nr. 26 E. 4). Dasselbe gilt analog bei einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung.

3. Praxisbeispiele zur Erhebung der Minimalsteuer

Die nachfolgenden Grafiken zeigen in vereinfachter Darstellung auf, in welchen Konstellationen die Minimalsteuer greift oder ob die Grundstücke von der Besteuerung der Minimalsteuer ausgenommen sind.

3.1 Erhebung der Minimalsteuer

In der obigen Darstellung wird der Geschäftsbetrieb von der Liegenschaft getrennt geführt. Die Muttergesellschaft ist Eigentümerin der Liegenschaft und hält diese als Kapitalanlageliegenschaft, in welcher die Tochtergesellschaft ihren Geschäftsbetrieb führt. Die Liegenschaft unterliegt mit ihrem vollen Steuerwert der Minimalsteuerpflicht.

Die Liegenschaft wird nicht durch die Eigentümerin zu mindestens zwei Drittel betrieblich genutzt, sondern durch ihre Schwestergesellschaft. Auch hier unterliegt die Liegenschaft der Minimalsteuerpflicht.

3.2 Ausnahmefall der Minimalsteuer 

Die Liegenschaft muss durch die Muttergesellschaft zu mindestens 2/3 betrieblich genutzt werden. Im Weiteren muss die Mindestkapitaleinlage von 25% des Steuerwertes der Liegenschaft erfüllt sein, da nicht die Liegenschaftseigentümerin einen Geschäftsbetrieb führt, sondern der Betrieb von der beherrschenden Person geführt wird. Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, ist die Minimalsteuer nicht geschuldet.

3.3 Anwendung der Minimalsteuer in der Bauphase

Die Minimalsteuer wird auf der Basis des am Ende des Geschäftsjahres gültigen Steuerwertes erhoben (Stichtagsprinzip). Der Steuerwert entspricht in der Regel dem aktuellen Katasterwert. Bei Liegenschaften, die sich in der Bauphase befinden und bei denen noch keine offizielle, bzw. aktuelle Katasterschatzung vorliegt, werden gemäss § 48 Abs. 3 StG Investitionen mit ihrem vollen Wert berücksichtigt.

Beispiel massgebender Katasterwert für Minimalsteuer
Die Kapitalgesellschaft erwirbt ein Grundstück per 01.01.2023 (Übergang von Nutzen und Schaden) zum Preis von CHF 6'000'000. Seit dem Landkauf wurden Investitionen von insgesamt CHF 5'000'000 getätigt, die in der Jahresrechnung per 31.12.2023 aktiviert wurden. Die aktuelle Katasterschatzung des Baulandes beträgt CHF 3'000'000.

Gemäss § 48, Abs. 3 StG werden die getätigten Investitionen der aktuell vorliegenden Katasterschatzung hinzugerechnet. Im vorliegenden Fall setzt sich der massgebende Grundstückwert aus der Katasterschatzung von CHF 3'000'000 und der getätigten Investition von CHF 5'000'000 zusammen. Es wird somit 1 Promille von CHF 8'000'000, als Minimalsteuer erhoben.

 3.4 Anwendung Minimalsteuer bei unter- oder überjähriger Steuerpflicht

Erwirbt die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eine Immobilie mit Übergang von Nutzen und Schaden per 31.12.2023, ist die volle Minimalsteuer im Geschäftsjahr 2023 geschuldet, sofern das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Besteht infolge Zu- resp. Wegzugs, Neugründung, Umstrukturierung oder Liquidation eine unterjährige Steuerpflicht, wird die Minimalsteuer pro rata temporis berechnet. Auch bei einer überjährigen Steuerperiode, zum Beispiel beim ersten Geschäftsabschluss durch ein überlanges Geschäftsjahr, wird der Betrag entsprechend der Bezugs- resp. Steuerperiode anteilsmässig erhoben.

Beispiel Minimalsteuer bei überjähriger Steuerpflicht
Eine Gesellschaft wurde per 01.07.2022 neu gegründet. Der erste Geschäftsabschluss erfolgte per 31.12.2023. Die für die Minimalsteuer massgebende Steuerperiode beträgt somit 18 Monate. Die Berechnung der geschuldeten Minimalsteuer anhand des obigen Beispiels erfolgt folgendermassen: CHF 8'000'000 * 1 Promille / 360 * 540 = CHF 12'000.

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