1. Grundsätzliches
Aus der gemeinsamen Steuerpflicht der Ehegatten ergibt sich die verfahrensrechtliche Gleichstellung von Ehemann und Ehefrau. Beiden Ehegatten stehen alle Verfahrensrechte und -pflichten gemeinsam zu. Sie üben diese grundsätzlich gemeinsam aus. Insbesondere unterschreiben sie die Steuererklärung gemeinsam.
Das Ehepaar kann jedoch einen Ehegatten als Vertreter bestimmen, welcher allein gegenüber den Steuerbehörden auftritt.
Ein solches Vertretungsverhältnis wird aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung stets dann vermutet, wenn nur ein Ehegatte die Steuererklärung unterzeichnet und dem anderen Ehegatten eine Frist von mindestens 10 Tagen (§ 27 Abs. 3 StV) zur Mitunterzeichnung eingeräumt worden ist, jener aber nicht unterzeichnet (§ 138 Abs. 2 StG). In diesem Fall gilt der unterzeichnende Ehegatte als Vertreter des Ehepaares. Seine Handlungen binden auch den anderen Ehegatten. Dieses Vertretungsverhältnis dauert bis zum Ende der Veranlagung, sofern die Vertretung nicht vorher vom vertretenen Ehegatten schriftlich widerrufen wird.
Allerdings gilt ein solcher Widerruf erst ab dem Zeitpunkt, in dem er den Steuerbehörden bekannt geworden ist. Der Widerruf kann keine Rückwirkung entfalten. Frühere Eingaben der Vertreterin oder des Vertreters werden dadurch nicht wirkungslos oder ungültig. Abgelaufene Fristen, seien dies behördliche (bei Ausweiseinforderungen, Mahnungen) oder gesetzliche (im Einsprache- und Rechtsmittelverfahren) werden dadurch nicht wiederhergestellt.
2. Unterzeichnung der Steuererklärung durch beide Ehegatten
Das Ehepaar übt die Verfahrensrechte und -pflichten gemeinsam aus. Die Steuerbehörden haben sich im weiteren Verlauf des Verfahrens stets an beide Ehegatten zu richten. Ausweiseinforderungen, Mahnungen, usw. sind an beide Ehegatten zu adressieren. Wird in der Folge eine Eingabe nur von einem Ehegatten unterzeichnet, greift die gesetzliche Vertretungsvermutung ein. Der unterzeichnende Ehegatte ist als Vertreter zu behandeln, sofern der nichtunterzeichnende Ehegatte innert der eingeräumten Frist von mindestens 10 Tagen (§ 27 Abs. 3 StV) die Eingabe nicht unterzeichnet; es gilt in Zukunft das unter Ziffer 3 Ausgeführte.
3. Unterzeichnung der Steuererklärung durch einen Ehegatten
Hat ein Ehegatte die Steuererklärung nicht unterzeichnet, wird dem nichtunterzeichnenden Ehegatten eine Frist von mindestens 10 Tagen (§ 27 Abs. 3 StV) zur Mitunterzeichnung angesetzt. Diese Aufforderung erfolgt durch öffentliche Publikation für all jene Fälle rechtswirksam, die im Zeitpunkt der Publikation ungenügend unterzeichnet eingereicht haben. Es erfolg(t)en folgende Publikationen:
Für die Steuerperiode 2020:
- Kantonsblatt 16 vom 24. April 2021
- Kantonsblatt 38 vom 25. September 2021
Für die Steuerperiode 2021:
- Kantonsblatt Nr. 16 vom 23. April 2022
- Kantonsblatt Nr. 38 vom 24. September 2022
Für die Steuerperiode 2022:
- Kantonsblatt Nr. 16 vom 22. April 2023
- Kantonsblatt Nr. 38 vom 23. September 2023
Für die Steuerperiode 2023:
- Kantonsblatt Nr. 17 vom 27. April 2024
Jene Steuerpflichtige, die nach der öffentlichen Aufforderung ungenügend unterzeichnete Steuererklärungen abgegeben haben, müssen durch individuelle Aufforderung gemahnt werden. Wenn die Steuererklärung und einzelne Formulare nicht unterzeichnet sind, genügt es, nur eine Fotokopie der Steuererklärung zurückzusenden mit dem Hinweis, dass die Unterzeichnung der Kopie rechtsgenüglich ist.
Nach dem unbenutzten Ablauf der Frist gilt kraft gesetzlicher Vermutung der unterzeichnende Ehegatte als Vertreter. Weitere Verfahrenshandlungen wie Ausweiseinforderungen, Mahnungen, usw. sind an ihn zu richten. Erfolgt im Laufe des Verfahrens eine Eingabe des anderen Ehegatten, die im Widerspruch zu den bisherigen Eingaben des als Vertreter handelnden Ehegatten steht, ohne dass ein schriftlicher Widerruf dieser Vertretungsbefugnis vorliegt, sind zunächst die Vertretungsverhältnisse zu klären. Mit einem an beide Ehegatten gerichteten Schreiben sind diese auf das bisherige, noch nicht schriftlich widerrufene Vertretungsverhältnis hinzuweisen. Es ist eine Erklärung darüber zu verlangen, ob dieses Vertretungsverhältnis aufgehoben werden soll. Im weiteren haben die Ehegatten bekannt zu geben, ob sie in Zukunft die Verfahrensrechte und -pflichten wieder gemeinsam ausüben wollen (in diesem Fall gelten in der Folge die Ausführungen unter Ziffer 2) oder ob die Vertretung durch den anderen, bisher vertretenen Ehegatten wahrgenommen wird (Vorgehen gemäss Ziffer 3).
4. Nichteinreichen der Steuererklärung
In diesem Fall haben die Steuerbehörden ihre Verfahrenshandlungen stets an beide Ehegatten zu richten. Mahnungen und Bussen sind an beide zu adressieren.
5. Einspracheverfahren
Im Einspracheverfahren gilt grundsätzlich das oben Ausgeführte. Auf eine fristgerecht eingereichte Einsprache ist grundsätzlich einzutreten, auch wenn sie nicht vom bisherigen Vertreter, sondern vom anderen Ehegatten unterzeichnet ist (§ 138 Abs. 3 StG). Es sind jedoch gemäss den Ausführungen unter Ziffer 3 die Vertretungsverhältnisse zu klären.
Hat das Ehepaar die Verfahrensrechte bisher gemeinsam ausgeübt, ist jedoch die Einsprache nur von einem Ehegatten unterzeichnet, ist dem nichtunterzeichnenden Ehegatten eine Frist von mindestens 10 Tagen einzuräumen, die Einsprache ebenfalls zu unterzeichnen.
Durch diese Verfahrensvorschriften kann die Veranlagung von Ehepaaren erschwert werden. Dem richtigen formellen Vorgehen ist jedoch volle Aufmerksamkeit zu schenken, damit nicht in einem späteren Verfahrensstadium, die ganze oder teilweise Aufhebung des bisherigen Verfahrens wegen formeller Mängel gewärtigt werden muss.
6. Zusammenfassung