Bestreitet die steuerpflichtige Person, am Ort der Einleitung der Veranlagung steuerpflichtig zu sein, hat die Veranlagungsbehörde, sofern am Besteuerungsanspruch festzuhalten ist, vor Einleitung des Veranlagungsverfahrens einen kurz begründeten Feststellungsentscheid bezüglich des Steuerdomizils zu erlassen. Dieses Vorverfahren richtet sich nach den Verfahrensregeln des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SRL Nr. 40), insbesondere § 55 VRG). Die steuerpflichtige Person muss im Rahmen dieses Verfahrens mitwirken, d.h. insbesondere die von der Steuerbehörde verlangten Unterlagen zur Abklärung des Wohnsitzes oder Aufenthalts einreichen. Eine Steuererklärung muss erst nach Rechtskraft des entsprechenden Feststellungsentscheids eingereicht werden. Eine allfällige Busse ist nach § 51 Abs. 1d VRG auszufällen (vgl. KGE vom 28.10.2018 i.S. H.). Der Feststellungsentscheid ist mit einem Hinweis auf das Rechtsmittel zu versehen (Einsprache innert 30 Tagen seit Zustellung des Entscheides bei der Veranlagungsbehörde). Ist über die Wohnsitzfrage mittels eines solchen Vorentscheides bereits rechtskräftig entschieden worden, kann im nachfolgenden, dieselbe Steuerperiode betreffenden Veranlagungsverfahren das Steuerdomizil nicht nochmals bestritten werden (VGE vom 2.8.2000 i.S. S.).
1. Aufenthalt
Steuerrechtlichen Aufenthalt im Kanton haben Personen, wenn sie sich hier, ungeachtet vorübergehender Unterbrechungen, bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit während mindestens 30 Tagen, ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit während mindestens 90 Tagen aufhalten (§ 8 Abs. 3 StG).
2. Wohnsitz
Der steuerrechtliche Wohnsitz gemäss § 8 StG umfasst die beiden Elemente des Aufenthaltes an einem Ort und der Absicht des dauernden Verbleibens. Der Hinterlegung der Ausweisschriften kommt nur der Charakter eines Indizes, aber keine entscheidende Bedeutung für die Begründung des Steuerwohnsitzes zu (BGE 123 I 289; LGVE 1984 II Nr. 4).
2.1 Getrennter Wohnsitz verheirateter Steuerpflichtiger
Erfüllen Ehegatten zwar die Voraussetzungen der rechtlich und tatsächlich ungetrennten Ehe, weisen aber je einen eigenen Wohnsitz auf, findet gleichwohl eine Zusammenrechnung von Einkommen und Vermögen statt (vgl. LU StB Bd. 1 Weisungen StG § 16 Nr. 1). Gesamteinkommen und -vermögen sind grundsätzlich (unter Vorbehalt der speziellen interkantonalen Ausscheidungsregeln betreffend Spezialsteuerdomizile wie Grundeigentum, Geschäftsort etc.) in der Regel je zur Hälfte den Ehegatten zuzuteilen und zum Gesamtsatz zu versteuern (BGE vom 12.7.2001 = StR 2001, 726; BGE 121 I 14 = StE 1995 A 24.3 Nr. 1; StE 1994 B 11.3 Nr. 8). Bestreitet jeder Ehegatte seinen Unterhalt im Wesentlichen selber, ist eine individuelle Zuteilung der Einkommens- und Vermögensbestandteile an die Ehegatten unter Besteuerung zum Gesamtsatz vorzunehmen (BGE vom 7.1.2004 in StE 2004 A 24 24.3 Nr. 2 = ASA 73, 420). Im internationalen Verhältnis kann keine hälftige Steuerteilung vorgenommen werden. Die Besteuerung erfolgt auf den individuell zugeteilten Einkommens- und Vermögensbestandteilen zum Gesamtsatz (StE 2001 B 11.3 Nr. 12).
Die Aufteilung der Steuererträge richtet sich im Übrigen nach den Grundsätzen der interkommunalen Steuerausscheidung gemäss § 239 StG und § 43 StV. Über die Federführung der gemeinsamen Veranlagung haben sich die Gemeinden abzusprechen. Diese gemeinsame Veranlagung und der Steuerbezug erfolgen für beide Ehegatten in erster Linie in derjenigen Gemeinde, in welcher das Ehepaar seine überwiegenden wirtschaftlichen Interessen hat. Die Ehegatten sind in beiden Gemeinden am Register zu führen.
Für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer bei getrennt lebenden Ehegatten s. Rundschreiben der EStV vom 30. April 2007.
2.2 Aufenthalt im Altersheim
Der Einzug in ein Alters- und Pflegeheim ist regelmässig wohnsitzbegründend. Eine Wohnsitznahme ist in aller Regel anzunehmen, wenn der Einzug freiwillig erfolgt (also nicht etwa durch eine fortgeschrittene Krankheit bedingt ist) und aufgrund der gesamten Umstände anzunehmen ist, dass der Aufenthalt im Altersheim voraussichtlich dauernd ist (VGE vom 3.7.2001 i.S. M.; VGE vom 6.11.2000 i.S. M.).
2.3 Wochenaufenthalt
2.3.1 Wochenaufenthalt von Alleinstehenden
Der Steuerwohnsitz von Alleinstehenden mit Wochenaufenthalt am Arbeitsort bzw. an einem Ort in der Nähe des Arbeitsortes, von dem man sich täglich zur Arbeit begibt (ist im Folgenden unter "Arbeitsort" immer mitgemeint) befindet sich dann nicht mehr am Arbeitsort, wenn sie regelmässig an einen anderen Ort zurückkehren, um dort ihre Freizeit (Wochenenden) zu verbringen und ihre persönlichen, gesellschaftlichen und familiären Beziehungen zu pflegen.
Bei ledigen Steuerpflichtigen, die sich seit längerer Zeit am gleichen Arbeitsort aufhalten, dort über eine ständige Wohnstätte mit eigenen Möbeln und über einen Freundes- und Bekanntenkreis verfügen, wird vermutet, dass sich das Hauptsteuerdomizil am Arbeitsort befindet.
Bei alleinstehenden Wochenaufenthalterinnen und Wochenaufenthaltern ist in der Regel ebenfalls der Arbeitsort Steuerdomizil, wenn
- der Wochenaufenthalt bereits mehr als fünf Jahre andauert
- die steuerpflichtige Person das 30. Altersjahr überschritten hat
- der Wohnsitz am Arbeitsort einmal für längere Zeit begründet war
- die tägliche Rückkehr an den Familienort zumutbar ist (StE 1995 A 24.21 Nr. 8).
Bei solchen Verhältnissen besteht eine natürliche Vermutung, dass sich der zivilrechtliche Wohnsitz tatsächlich am Arbeitsort befindet. Wenn Steuerpflichtige an einem anderen Ort besteuert werden wollen, haben sie den Nachweis zu erbringen, dass sich ihr Lebensmittelpunkt nicht am Arbeitsort befindet, sondern dort, wo sie die Freizeit verbringen (BGE 125 I 54; VGE vom 16.2.1999 i.S. L.).
2.3.2 Wochenaufenthalt von Verheirateten
Das Steuerdomizil von in ungetrennter Ehe lebenden Ehegatten befindet sich grundsätzlich dort, wo sie während der Woche wohnen oder arbeiten, auch wenn sie ihre Wochenenden regelmässig an einem anderen Ort verbringen, zu dem sie intensive Beziehungen pflegen (BGE vom 29.9.1992 i.S. I; LGVE 2002 II Nr. 21; StE 1993 B 11.1 Nr. 14).
2.3.3 Wochenaufenthalt von leitenden Angestellten
Das Hauptsteuerdomizil von Wochenaufenthalterinnen und Wochenaufenthaltern, die ein bedeutendes Unternehmen leiten, befindet sich am Arbeitsort, während am Familienort ein Nebensteuerdomizil begründet wird. Es erfolgt i.d.R. eine hälftige Teilung des Erwerbseinkommens und des beweglichen Vermögens und dessen Ertrages.
Unter leitender Stellung werden Funktionen in der obersten Direktion eines wichtigen Betriebes verstanden, wobei die betreffende Position mit einer besonderen Verantwortung verbunden ist.
2.3.4 Alternierender Wohnsitz
Ausnahmsweise kann eine Person, die zu zwei Kantonen abwechslungsweise gleich starke Beziehungen unterhält, einen alternierenden Wohnsitz begründen. Die Steuerpflicht besteht in beiden Kantonen somit je hälftig (Steuerteilung). Vorbehalten bleiben die speziellen interkantonalen Ausscheidungsregeln betreffend Spezialsteuerdomizile wie Grundeigentum, Geschäftsort etc.
Die Aufenthaltsdauer und die Intensität der Lebensbeziehungen müssen zu beiden Orten ungefähr gleichwertig sein. Die Person muss sich folglich ungefähr während der Hälfte des Jahres am einen bzw. am anderen Ort aufhalten, ohne dass die wirtschaftlichen, persönlichen, familiären und gesellschaftlichen Beziehungen zu einem Ort überwiegen.
Im internationalen Verhältnis ist ein alternierender Wohnsitz nicht vorgesehen. Eine Steuerteilung ist nicht möglich. Sind die Verhältnisse an beiden Orten gleich stark, bleibt der steuerrechtliche Wohnsitz am bisherigen Ort bestehen.
Für die direkte Bundessteuer findet keine Teilung statt. Der Besteuerungsort wird unter den beteiligten Kantonen festgelegt. Der federführende Kanton, der auch die direkte Bundessteuer veranlagt, erhält den kantonalen Anteil an der direkten Bundessteuer. Der andere Kanton hat seinen Repartitionsanteil beim erstgenannten Kanton einzufordern.
2.4 Konkubinat
Leben unverheiratete Steuerpflichtige in einem gemeinsamen Haushalt zusammen, so befindet sich ihr Steuerdomizil am Ort der gemeinsamen Wohnung (VGE vom 30.5.1994 i.S. O., LGVE 1985 II Nr. 13, BGE 115 Ia 212). Dies gilt selbst dann, wenn die am Arbeitsort zusammenlebenden Steuerpflichtigen jedes Wochenende bei ihren Eltern verbringen, da die persönliche Beziehung zur Partnerin bzw. zum Partner meist stärker zu gewichten ist. Ledige Steuerpflichtige, die am Arbeitsort oder in dessen Nähe in einer Wohngemeinschaft leben, haben ihr Steuerdomizil grundsätzlich am Wohn- und Aufenthaltsort. Auf das Bestehen eines eigentlichen Konkubinatsverhältnisses kommt es dabei nicht an. Ein vom Arbeitsort abweichender Lebensmittelpunkt bildet bei ledigen Steuerpflichtigen ohne intensive Kontakte zu nahen Familienangehörigen die Ausnahme und ist daher von diesen nachzuweisen (VGE vom 29.6.1999 i.S. L.).
2.5 Vorübergehender Auslandaufenthalt
Angestellte, die von einer Schweizer Firma zur Ausführung eines bestimmten Auftrages in ein anderes Land geschickt werden, bleiben während ihres Auslandsaufenthaltes im Kanton Luzern steuerpflichtig, wenn sie sich in einem fremden Land, mit dem ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, nicht mehr als 183 Tage im Kalenderjahr und in einem ausländischen Staat, mit dem kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen worden ist, weniger als ein Jahr aufhalten (VGE vom 27.2.1980 i.S. M.). Handelt es sich im letzteren Falle (kein Doppelbesteuerungsabkommen) um Verheiratete, die jedes Mal, wenn die Arbeit es gestattet, an den Ort des ehelichen Wohnsitzes zurückkehren, so bleibt die Schweiz bzw. der Kanton Luzern Steuerwohnsitz, auch wenn der Auslandsaufenthalt länger als ein Jahr dauert (StR 1981, 404).
Für Bundesangestellte (z.B. Militärinstruktoren) gilt folgende Regelung: Sofern der Aufenthalt im Ausland länger als 2 Jahre dauert und die Steuerpflichtigen zusammen mit ihrer Familie dorthin ziehen, ist anzunehmen, dass sie ohne Rücksicht auf ihren polizeilichen und militärischen Status sowie die allfällige Beibehaltung einer Wohnung in der Schweiz im Ausland wohnhaft sind. In diesem Fall endet die Steuerpflicht mit der Aufnahme der Tätigkeit im Ausland. Für die direkte Bundessteuer bleibt die Steuerpflicht gemäss Art. 3 Abs. 5 DBG bestehen.
Militärangehörige, welche für friedensunterstützende Einsätze vom Bund ins Ausland geschickt werden (SWISSCOY, UNO-Beobachter u.a.), werden grundsätzlich auch während des Auslandaufenthalts für ihr gesamtes Einkommen und Vermögen am bisherigen Wohnsitz besteuert, da der Auslandaufenthalt nur vorübergehender, befristeter Natur ist. Die Absicht des dauernden Verbleibens an einem bestimmten Ort im Ausland ist in diesen Fällen regelmässig nicht gegeben. Mangels Begründung eines neues Wohnsitzes im Ausland bleibt das bisherige Steuerdomizil bestehen.
Vgl. ferner Kreisschreiben 1 SSK vom 30. Juni 2010 betreffend Besteuerung von natürlichen Personen im Ausland mit einem Arbeitsverhältnis zum Bund oder zu einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Anstalt des Inlandes.
2.6 Wegzug ins Ausland
Bei Wegzug ins Ausland bleibt die Steuerpflicht am bisherigen Wohnort in der Schweiz so lange bestehen, bis die steuerpflichtige Person an einem ganz bestimmten Ort im Ausland einen neuen Wohnsitz begründet hat (§ 8 Abs. 2 StG; BGE 138 II 300; LGVE 2010 II Nr. 22). Die steuerpflichtige Person hat nachzuweisen, dass sich der Schwerpunkt ihrer Interessen und der Mittelpunkt ihrer persönlichen Beziehungen zu diesem Ort im Ausland hin verschoben hat. Die Abmeldung bei der Einwohnerkontrolle am bisherigen Wohnort und der Wegzug ins Ausland sind keine Beweise für eine Wohnsitzbegründung im Ausland (VGE vom 27.11.1998 i.S. M.; LGVE 1984 II Nr. 4; ASA 60, 499).
Begründet jemand im Ausland einen neuen Wohnsitz, behält aber noch Grundeigentum im Kanton, ist diese Person weiterhin im Register aufzuführen, auch wenn das Grundeigentum ertragslos ist. Das gilt auch für die direkte Bundessteuer.
2.7 Interkantonaler Wohnsitzwechsel von quellensteuerpflichtigen Personen, die nachträglich ordentlich veranlagt werden
Wird eine quellensteuerpflichtige Person, die in einen anderen Kanton weggezogen ist, nachträglich ordentlich veranlagt, ist für die Veranlagung der ganzen Steuerperiode der Zuzugskanton (Wohnsitzkanton am Ende der Steuerperiode) zuständig. Dies gilt sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch bei den Staats- und Gemeindesteuern.
2.8 Interkommunaler Wohnsitzwechsel von quellensteuerpflichtigen Personen, die nachträglich ordentlich veranlagt werden
Die Zuzugsgemeinde ist für die Veranlagung und den Bezug der Staats- und Gemeindesteuern der ganzen Steuerperiode verantwortlich. Bereits an die Wegzugsgemeinde angewiesene Quellensteuer-Beträge werden von der Wegzugs- an die Zuzugsgemeinde weitergeleitet.