Mit Weisung vom 13. August 2009 hat die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern aufgrund der Vorschläge der Konferenz der Betreibungsund Konkursbeamten der Schweiz eine Anpassung der Grundbeträge und Zuschläge an die heutigen Gegebenheiten vorgenommen. Daneben sind Anpassungen an die Rechtsprechung, sowie klarere Formulierungen erfolgt. Die Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Notbedarfs lauten demnach ab 1. Oktober 2009 wie folgt (LGVE 2009 I Nr. 42):
I. Monatlicher Grundbetrag
Für Nahrung, Kleidung und Wäsche einschliesslich deren Instandhaltung, Körper- und Gesundheitspflege, Unterhalt der Wohnungseinrichtung, Privatversicherungen, Kulturelles sowie Auslagen für Beleuchtung, Kochstrom und/oder Gas etc. ist in der Regel vom monatlichen Einkommen des Schuldners folgender Grundbetrag als unumgänglich notwendig im Sinne von Art. 93 SchKG von der Pfändung ausgeschlossen:
Kategorie
|
CHF
|
für einen alleinstehenden Schuldner
|
1'200
|
für einen alleinerziehenden Schuldner
|
1'350
|
für ein Ehepaar, zwei in einer eingetragenen Partnerschaft lebende Personen oder ein Paar mit Kindern
|
1'700
|
Unterhalt der Kinder für jedes Kind im Alter bis zu 10 Jahren
|
400
|
Unterhalt der Kinder für jedes Kind über 10 Jahre
|
600
|
Bei kostensenkender Wohn-/Lebensgemeinschaft
Verfügen Partner des in einer kinderlosen, kostensenkenden Wohn-/Lebensgemeinschaft lebenden Schuldners ebenfalls über Einkommen, so ist der Ehegatten-Grundbetrag einzusetzen und dieser in der Regel (aber maximal) auf die Hälfte herabzusetzen (vgl. BGE 130 III 765 ff.).
II. Zuschläge zum monatlichen Grundbetrag
Mietzins, Hypothekarzins
Effektiver Mietzins für das Wohnen ohne Auslagen für Beleuchtung, Kochstrom und/oder Gas, weil im Grundbetrag inbegriffen. Besitzt der Schuldner eine eigene von ihm bewohnte Liegenschaft, so ist anstelle des Mietzinses der Liegenschaftsaufwand zum Grundbetrag hinzuzurechnen. Dieser besteht aus dem Hypothekarzins (ohne Amortisation), den öffentlichrechtlichen Abgaben und den (durchschnittlichen) Unterhaltskosten.
Ein den wirtschaftlichen Verhältnissen und persönlichen Bedürfnissen des Schuldners nicht angemessener Mietzins ist nach Ablauf des nächsten Kündigungstermins auf ein ortsübliches Normalmass herabzusetzen; in sinngemässer Weise ist beim Schuldner zu verfahren, der sich als Wohneigentümer einer unangemessen hohen Hypothekarzinsbelastung ausgesetzt sieht (BGE 129 III 526 ff. m. H.).
Bei einer Wohngemeinschaft (eingeschlossen volljährige Kinder mit eigenem Erwerbseinkommen) sind die Wohnkosten in der Regel anteilsmässig zu berücksichtigen.
Heiz- und Nebenkosten
Die durchschnittlichen - auf zwölf Monate verteilten - Aufwendungen für die Beheizung und Nebenkosten der Wohnräume.
Sozialbeiträge (soweit nicht vom Lohn bereits abgezogen), wie Beiträge bzw. Prämien an:
- AHV, IV und EO
- Arbeitslosenversicherung
- Krankenkassen
- Unfallversicherung
- Pensions- und Fürsorgekassen
- Berufsverbände
Der Prämienaufwand für nichtobligatorische Versicherungen kann nicht berücksichtigt werden (BGE 134 III 323 ff.).
Unumgängliche Berufsauslagen (soweit der Arbeitgeber nicht dafür aufkommt)
a) Erhöhter Nahrungsbedarf
bei Schwerarbeit, Schicht- und Nachtarbeit: CHF 5.50 pro Arbeitstag.
b) Auslagen für auswärtige Verpflegung
Bei Nachweis von Mehrauslagen für auswärtige Verpflegung: CHF 9.00 bis CHF 11.00 für jede Hauptmahlzeit.
c) überdurchschnittlicher Kleider- und Wäscheverbrauch
beispielsweise bei Servicepersonal, Handelsreisenden etc.: bis CHF 50.00 pro Monat.
d) Fahrten zum Arbeitsplatz
- öffentliche Verkehrsmittel: effektive Auslagen.
- Fahrrad: CHF 15 pro Monat für Abnützung.
- Mofa/Moped: CHF 30 pro Monat für Abnützung, Betriebsstoff usw.
- Motorrad: CHF 55 pro Monat für Abnützung, Betriebsstoff usw.
- Automobil: Sofern einem Automobil Kompetenzqualität zukommt, sind die festen und veränderlichen Kosten ohne Amortisation zu berechnen. Bei Benützung eines Automobils ohne Kompetenzqualität: Auslagenersatz wie bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge
die der Schuldner an nicht in seinem Haushalt wohnende Personen in der letzten Zeit vor der Pfändung nachgewiesenermassen geleistet hat und voraussichtlich auch während der Dauer der Pfändung leisten wird (BGE 121 III 22).
Dem Betreibungsamt sind für solche Beiträge Unterlagen (Urteile, Quittungen usw.) vorzuweisen.
Schulung der Kinder
Besondere Auslagen für Schulung der Kinder (öffentliche Verkehrsmittel, Schulmaterial usw.). Für mündige Kinder ohne Verdienst bis zum Abschluss der ersten Schul- oder Lehrausbildung, zur Maturität oder zum Schuldiplom.
Abzahlung oder Miete/Leasing von Kompetenzstücken
Gemäss Kaufvertrag, jedoch nur solange zu berücksichtigen, als der Schuldner bei richtiger Vertragserfüllung zur Abzahlung verpflichtet ist und sich über die Zahlung ausweist. Voraussetzung: Ein Eigentumsvorbehalt muss rechtsgültig sein.
Die analoge Regelung gilt für gemietete/geleaste Kompetenzstücke (BGE 82 III 26 ff.).
Verschiedene Auslagen
Stehen dem Schuldner zur Zeit der Pfändung unmittelbar grössere Auslagen, wie für Arzt, Arzneien, Franchise, Geburt und Pflege von Familienangehörigen, einen Wohnungswechsel etc. bevor, so ist diesem Umstand in billigender Weise durch eine entsprechende zeitweise Erhöhung des Existenzminimums Rechnung zu tragen.
Gleiches gilt, wenn diese Auslagen dem Schuldner während der Dauer der Lohnpfändung erwachsen. Eine Änderung der Lohnpfändung erfolgt hier in der Regel jedoch nur auf Antrag des Schuldners.
III. Steuern
Diese sind bei der Berechnung des Notbedarfs nicht zu berücksichtigen (BGE 126 III 89, 92 f.; Urteil des Bundesgerichts vom 17.11.2003, 7B.221/2003 = BlSchK 2004, 85 ff.).
Bei ausländischen Arbeitnehmern, die der Quellensteuer unterliegen, ist bei der Berechnung der pfändbaren Quote vom Lohn auszugehen, der diesen tatsächlich ausbezahlt wird (BGE 90 III 34).
IV. Sonderbestimmungen über das dem Schuldner anrechenbare Einkommen
Beiträge gemäss Art. 163 ZGB oder Art. 13 PartG
Verfügt der Ehegatte oder der eingetragene Partner des Schuldners über eigenes Einkommen, so ist das gemeinsame Existenzminimum von beiden Ehegatten oder eingetragenen Partnern (ohne Beiträge gemäss Art. 164 ZGB) im Verhältnis ihrer Nettoeinkommen zu tragen. Entsprechend verringert sich das dem Schuldner anrechenbare Existenzminimum (BGE 114 III 12 ff.).
Beiträge gemäss Art. 323 Abs. 2 ZGB
Die Beiträge aus dem Erwerbseinkommen minderjähriger Kinder, die in Haushaltgemeinschaft mit dem Schuldner leben, sind vorab vom gemeinsamen Existenzminimum abzuziehen (BGE 104 III 77 f.). Dieser Abzug ist in der Regel auf einen Drittel des Nettoeinkommens der Kinder, höchstens jedoch auf den für sie geltenden Grundbetrag (Ziff. I/4) zu bemessen.
Der Arbeitserwerb volljähriger, in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner lebender Kinder ist bei der Berechnung des Existenzminimums desselben grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dagegen ist dabei ein angemessener Anteil der volljährigen Kinder an den Wohnkosten in Abzug zu bringen.
Leistungen/Vergütungen von Dritten
wie Prämienverbilligungen, Stipendien, Unterstützungen etc. müssen zum Einkommen dazugerechnet werden.
V. Abzüge vom Existenzminimum
Naturalbezüge
wie freie Kost, Logis, Dienstkleidung usw. sind entsprechend ihrem Geldwert vom Existenzminimum in Abzug zu bringen:
- Freie Kost mit 50% des Grundbetrages;
- Dienstkleidung mit CHF 30 pro Monat.
Reisespesenvergütungen
welche der Schuldner von seinem Arbeitgeber erhält, soweit er damit im Existenzminimum eingerechnete Verpflegungsauslagen in nennenswertem Umfang einsparen kann.
VI. Abweichungen
Abweichungen von den Ansätzen gemäss Ziff. l-V können soweit getroffen werden, als der Betreibungsbeamte sie aufgrund der ihm im Einzelfall obliegenden Prüfung aller Umstände für angemessen hält.
VII. Inkrafttreten
Die neuen Richtlinien sind auf alle ab 1. Oktober 2009 zu vollziehenden Lohnpfändungen und Pfändungsanschlüsse anzuwenden.
Mit dieser Weisung wird die frühere vom 15. Dezember 2006 ersetzt (LGVE 2006 I Nr. 53).
Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, 13. August 2009 (SK 09 63)